† André Jean Racine

† Dr. phil. André Jean Racine

Jean Racine est décédé le 24 décembre 2003
dans sa maison à Mühledorf.

  • Formation d’enseignant bernois du degré secondaire 1 à Berne.
  • Ètudes de lettres (allemand et français) et doctorat à l’ université de Berne.
  • Assistant à l’Université de Paris lll (Sorbonne nouvelle) de 1970 à 1971.
  • Professeur à l’École normale de Soleure de 1971 à 1997. Délégué à l’introduction et à la coordination de l’enseignement du français dans le canton de Soleure de 1978 à 1993.
  • Président de la Commission Langues lors de la révision du plan d’études soleurois de 1985 à 1991.
  • collaboration à la création et à la réalisation du projet zurichois “Le français à l’école primaire” 1987-1996.
  • Réalisateur de la méthode d’enseignement radiophonique du français “Funkkolleg Französisch” et du suivi pédagogique du manuel “Bonne chance”.
  • Conseiller pédagogique du manuel “Bonne chance”.
  • Président de la Commission des langues vivantes de la Conférence des directeurs de l’instruction publique des cantons du Nord-Ouest de la Suisse (NW-EDK).
  • Président de l’Association pour la promotion de l’enseignement plurilingue en Suisse (APEPS).
  • Délégue de la Fondation “Forum de bilinguisme” de la ville de Bienne. 1996-2003
  • Membre du Conseil communal de Mühledorf, de la troupe de théâtre « Sine nomine » et des formations musicales « Fazzoletti » et « Bucheggberger Örgelimusig »
  • Délégué de la ville de Bienne à la Fondation Maison latine, Berne et la Fondation Robert Walser, Bienne jusqu’en 2003.
  • 1984 Prix de la Radio de la “Fondation bernoise pour la Radio et la Télévision” pour le Cours de français. (Funkkollleg Französisch)
  • 1992 “Officier de l’Ordre des Palmes Académiques”, médaille remise par M.
    le Ministre de la Culture et l’Education, M. Jack Lang, France, “pour services rendus à la culture française”.
  • 1995 Prix du théâtre du canton de Soleure (“Sine nomine”).
  • 2003 Prix d’Art du canton de Soleure pour la pédagogie des langues et la promotion culturelle.

Laudatio für Jean Racine zum Kunstpreis 2003

In Anerkennung seines Wirkens verleiht der Regierungsrat des Kantons Solothurn
JEAN RACINE

geboren am 31. März 1939 in Grenchen, von Lamboing (BE), wohnhaft in Mühledorf

den Kunstpreis 2003 im Betrage von 20’000 Franken.

Dr. Jean Racine, der über Jos Murer, einen Zürcher Dramatiker des 16. Jahrhunderts promovierte, ist über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus für sein vielfältiges kulturelles Engagement be­kannt. Bereits während seiner Zeit als Professor für Französisch am kantonalen Lehrerseminar in Solothurn setzte er sich stark für die Kulturvermittlung und den Kulturaustausch ein.

Darüber hinaus ist er auch immer wieder als Regisseur, Schauspieler oder Musiker selbst kulturell tätig. Er initiierte Theaterkurse für Lehrkräfte und vermittelte die Idee des Schulspiels als Unter­richtsmethode. Dabei schaffte er unter anderem Kontakte mit dem Théatre Populaire Romand in La Chaux-de-Fonds. Gemeinsam mit der 1995 vom Solothurner Regierungsrat ausgezeichneten Theatergruppe Sine Nomine realisierte er mehrere viel beachtete Grossprojekte, führte Regie und spielte mit. Als Handharmonika-Schweizerörgeli-Spieler und Sänger der Musikgruppe Fazzoletti tritt er an verschiedenen Veranstaltungen immer wieder auf.

Insbesondere in der Sprachvermittlung und dem Kulturaustausch zwischen frankophonen und deutschen Sprachräumen kommen ihm grosse Verdienste zu. Es ist ihm wiederholt gelungen, breite Schichten der deutschsprachigen Bevölkerung für die französische Sprache zu sensibilisieren. Ein Grosserfolg war der von ihm mitorganisierte Sprachkurs Funkkolleg in Zusammenarbeit mit dem Radio DRS. Ein Modell, das Sprache vor allem über Kultur vermittelte. Ohne seine Mitarbeit an verschiedenen Lehrmitteln und seinem methodisch, didaktischen Engagement im Zusammen­hang mit der Einführung des Französisch an der Primarschule hätte sich der Kanton Solothurn nicht als Pionierkanton der Fremdsprachen Didaktik profilieren können.

Ab 1997 sorgte er für grosses Aufsehen und erhielt hohe Anerkennung für das von ihm bis 2002 geleitete „Forum du Bilinguisme“ in Biel/Bienne, wo er sich für multikulturelle Projekte enga­gierte.

Für seinen grossen Einsatz für die französische Sprache wurde Jean Racine in Frankreich zum officier de l’Ordre des palmes académiques ernannt und erhielt damit die höchste Anerkennung.

Der Kanton Solothurn zeichnet Jean Racine für die grossen Verdienste in der Sprachvermittlung und dem Kulturaustausch zwischen dem frankophonen und deutschen Sprachraum sowie für das vielfältige kulturelle Engagement mit dem Kunstpreis 2003 aus.

Solothurn, 17. November 2003

Im Namen des Regierungsrates

Christian Wanner
Dr. Konrad Schwaller
Landammann
Staatsschreiber

Rede von Jean Racine anlässlich der Verleihung des Kunstpreises 2003 des Kantons Solothurn am 17. November 2003 in der Mehrzweckhalle von Lüterkofen (SO)

Kunstpreis 2003
Rede vom 17. November 2003

Sehr geehrter Herr Landammann

Sehr geehrte Frau Regierungsrätin und Herren Regierungsräte

Sehr geehrter Herr Staatsschreiber

Sehr geehrter Herr Präsident und sehr geehrte Mitglieder des Kantonalen Kuratoriums für Kulturförderung

Liebe Anwesende

Im Namen der zehn Preisträgerinnen und Preisträger 2003 danke ich den verschiedenen Fachkommissionen sowie dem Leitenden Ausschuss des Kantonalen Kuratoriums für die Nominationen und dem Regierungsrat für die Bestätigungen von Kunstpreis, Auszeichnungspreisen und Anerkennungspreis.

Das Kantonale Amt für Kultur hat mir mitgeteilt, dass “der Kunstpreisträger traditionsgemäss anlässlich der Übergabefeier im Namen der Preisträgerinnen und Preisträger eine Rede (halte)”. Gemeint ist damit wohl eine Dankesrede, und damit ich auch etwas zu sagen hätte, habe ich die LaureatIn und Laureaten gebeten, mir ein Dankessätzchen zukommen zu lassen. Hier ist die Ernte der Umfrage:

Fredy Zaugg bedankt sich “bei (seiner) Familie, der Liebhabertheater-Gesellschaft Solothurn, dem Buechiwägerverein und der ganzen Bevölkerung des Bucheggbergs, denn ohne ihre Hilfe und Unterstützung wäre es rein unmöglich gewesen, während der vielen Jahre all diese Inszenierungen und Projekte zu realisieren.”

Valentino Ragni bedankt sich “herzlichst für den “Preis der Musik”, der für mich eine grosse Ehre ist. Das bekräftigt meine Haltung und den Geist, weitere Werke zu komponieren.”

Die “Kulturfabrik Kofmehl Solothurn” schreibt u.a. das folgende:

“Wir sind superstolz auf diesen “Anerkennungspreis für Kulturvermittlung”. Er wertet die Arbeit der ganzen elf Jahre, die Tag für Tag meistens im Frondienst verrichtet (wurde und) wird, enorm auf. Eine Bestätigung also für 200 Mithelferinnen und Mithelfer. (…) Wir hoffen, dass wir bald einen Raumersatz finden, wenn möglich mit Politiksupport, um auch nach Juni 2004 weitermachen zu können.”

Franz Gloor thematisiert mit einem Satz, den er im Fernsehen gehört hat, das Verhältnis von Kultur und Politik: “Die Leute, vor allem die Leader müssen (wieder) mit Kultur an die Wirklichkeit herangeführt werden.”

Anna Messerli schickt uns den folgenden Satz: “Der Preis für Kulturvermittlung motiviert mich, auch künftig Menschen, die sich kulturell engagieren, zu unterstützen, zu fördern und mit ihnen weitere Projekte zu realisieren.”

Roland Adatte dankt für den Preis und verspricht weiterzumalen und weiterhin die BetrachterInnen seiner Bilder zu bewegen.

Die Ambass Town Jazz Band schreibt: “Mit grosser Freude bedanken wir uns ganz herzlich. Wir sind stolz über die Anerkennnung unseres 20-jährigen Wirkens und vor allem für die Ehrung eines Teamworks, das mit sehr viel Engagement die traditionelle Jazzkultur pflegt. Herzlichen Dank!”

Und schliesslich schreibt Alfons Wyss: “Ein Satz, das ist ein weites Land. Ob der dann gerade der richtige ist oder ein anderer knapp daneben richtiger gewesen wäre? Versuchen wir es: Wenn ich sage, dass mir der Erdrauch fehlt, belehrt man mich, das sei ein Unkraut gewesen”.

Soweit die PreisträgerInnen im Originalton.

Glocke: Das Glöcklein, liebe Damen und Herren, zeigt Ihnen an, dass wir die erste Seite des vierseitigen Manuskripts hinter uns gebracht haben. Gleichzeitig kündet das Glöcklein ein Zitat aus früheren Zeiten an, das mir während des Schreibens irgendwie in die Quere kam. Am Ende werde ich die Zusammenhänge zu erklären versuchen. Hier das Zitat nach der ersten Seite:

“Gygeli, Gygeli Brotisbei!
Lüpfet ‘s Füessli, lüpfet d’Bei!
‘s chunnt e Zyt, es chunt e Tag,
Wo me se nümme lüpfe mag.”

(Josef Reinhart, vorgetragen von der Theatergruupe des Seminars am 23. 12. 1975)

Nun also weiter im Text:

Lieber Regierungsrat, liebes Kuratorium, unser Dank ist Ihnen gewiss; allerdings geht er auch, wie Franz Antatol Wyss in seiner letztjährigen Rede betont hat, an den Lotteriefonds und “die Zocker, die Lottospieler, die Kasinogänger. Ganz herzlichen Dank, liebe Spieler. (…)Weiterhin Mut zur Kultur…”

Wenn ich auf die lange Liste der Solothurner Kunstpreisträger schaue und auf Namen wie Oscar Wiggli, Fritz Haller, Schang Hutter, Roman Candio, Jean Mauboulès, Michael Biberstein oder Felix Möschlin, Otto F. Walter, Peter Bichsel oder Jost Meier, Werner Giger stosse, um nur einige zu nennen, so sind das alles Künstler mit einer unverwechselbaren individuellen Handschrift, die, ganz für sich allein, ihre Inhalte und ihre Formen entwickelt und in die Welt gesetzt haben. Wenn Sie mir heute den Kunstpreis zusprechen, so gehen Sie zum einen von einem erweiterten Kunstbegriff aus, der Kulturarbeit und sogar pädagogisches Wirken miteinschliesst, zum andern zeichnen Sie jemanden aus, der nur zusammen mit andern zu dem gekommen ist, wofür er zum Preisträger geworden ist. Diesen andern habe ich zu danken: der Familie, den Freunden und Freundinnen, den Arbeitsgruppen im alten Seminar, dem Team für die Reform des Französischunterrichts im Kanton, den Arbeitsgruppen und Kommissionen in Kanton, Region, in der Schweiz und hie und da darüber hinaus, den MitarbeiterInnen (Margrith Ernst und Danièle Criblez), der Sine Nomine, den Fazzoletti und der Bucheggberger Örgelimusig und den vielen, die heute Abend auch da sind…

Da ich in meiner Arbeit institutionell immer stark eingebunden gewesen bin, sind auch jene zu erwähnen, die meine Arbeiten unterstützen konnten und wollten: Alfred Wyser, der, unerschrocken, wie er sein konnte, mich als Beauftragten für die Einführung und Reform des Französischunterrichts angestelllt hat; dann Fritz Schneider, der, zielstrebig und solidarisch, die Reform im Wesentlichen realisiert hat und Ruth Gisi, die sich erfolgreich um die Verankerung des Fremdsprachenlehrens und -lernens in den verschiedenen ErziehungsdirektorInnen-konferenzen eingesetzt und mitgeholfen hat, die von Zürich her sprachpolitisch willkürlich verschobenen Akzente in der Nordwestschweiz wieder richtig zu setzen, so dass man der guten Hoffnung sein darf, der Kanton Solothurn und die Norwestschweiz verwirkliche, wie bereits die ganze Suisse romande, in naher Zukunft die vom Europarat und von der EU vorgegebenen Richtlinien, wonach in der Schule zunächst die Erstsprache, dann die Nachbarsprache und als drittes die internationale Verkehrssprache gelehrt/gelernt werden solle. In meinem Dankesbogen zu erwähnen sind auch die Präsidentin der “Stiftung für die Zweisprachigkeit”, alt Ständerätin Christine Beerli und die Behörden der Stadt Biel, Hans Stöckli, Pierre-Yves Moeschler, Ariane Bernasconi, die mich beim Aufbau des Forums für die Zweisprachigkeit unvoreingenommen und effizient beraten und unterstützt haben.

Glocke: “Besonders wende ich mich gegen die Art und Weise, wie einer unserer Kollegen (…) in Kantonsrat und Presse (rote Köpfe rollen (…) lassen) angegriffen worden ist. Zweifelsohne, Racine entspricht nicht einer altvertrauten Lehrerschablone. In der Diskussion um die Seminar- reform sind von ihm immer wieder Impulse ausgegangen(…), die für die Fortentwicklung der Schule von Bedeutung sind”. (Leserbrief von Hans Stricker in der Solothurner Zeitung vom 12. 3. 1976)

In meiner 30-jährigen Arbeit haben mich drei Grundsätze geleitet, auf die ich in gebotener Kürze eingehen möchte:

– das Fremde integrieren

– förderorientiertes statt fehlerorientiertes Lehren und Lernen

– funktionales, nicht in erster Linie perfektes Sprachlehren und -lernen.

Das Fremde integrieren

Einer andern Sprache oder Kultur begegnen – sei es im Unterricht, zu Hause, in der Fremde – heisst sich mit Fremdem auseinandersetzen und Differenz erfahren. Dabei geht es nicht darum, so zu werden wie der andere und sich und seine Herkunftswelt aufzugeben, wie das im Integrationsbereich leider häufig geschieht. Integrieren heisst, die kulturelle Differenz akzeptieren zwischen dem eigenen Anderssein und dem andern und setzt eine positive Vorstellung vom Fremden voraus, was kritische Distanz nicht ausschliesst, Klischee und Ausgrenzung hingegen schon.

Dass uns das nicht immer bewusst ist, mag das von vielen DeutschschweizerInnen verwendete Wort “welsch” verdeutlichen, das heute noch in alten Orts- und Ländernamen wie Walensee, Wahlern, Walchwil, (Wallis,) Wallonie, Wales u.a. durchscheint. “welsch” hatte die abweisende Bedeutung von: anders, nicht wie wir, fremd. Ein Wort, mit dem die germanischen Völker jene andern Völker bezeichneten und stigmatisierten, die einer andern Kultur entstammten und eine andere Sprache sprachen (meist romanisierte Kelten). Im Frühneuhochdeutschen wurde “welsch” sehr oft als Schimpfwort gebraucht: “welsch süplein” etwa bedeutete Gift, “welsch Hochzeit” unnatürliche Wohllust und “welsche krez” Syphilis.

Sehr viele DeutschschweizerInnen betrachten “welsch” als rein beschreibenden Begriff; die damit Gemeinten hingegen, die Romands, verwenden das Wort höchstens im Zusammenhang mit den Deutschschweizern, wenn sie z.B. sagen: “Le fossé entre les Welsches et les Totos existe”. Sie brauchen das Wort nur als Deutschschweizerzitat. Bei diesem “fossé” handelt es sich um den unausgehobenen und nicht analysierten Graben der Vorurteile diesseits und jenseits: hier die arbeitsamen und seriösen DeutschweizerInnen – dort die charmanten und lebenslustigen Romand-e-s. Dass es sich hier nicht um ernsthafte Differenzbeschreibungen handelt, sondern vielmehr um unkritische Verunglimpfungen, müsste uns, angesichts der Brisanz des Themas und im Hinblick auf die Perspektiven unseres künftigen Zusammenlebens, eigentlich doch ein wenig beunruhigen.

Glocke: “Eigentliche Entgleisungen, die ich als grobfahrlässig bezeichnen möchte, sind die Vorbereitung und Darbietung der Gedichtrezitationen.(…) Insbesondere (wird) beanstandet, dass die Gedichte, wenn sie schon gelesen werden durften, nicht fehlerfrei, also vor allem nicht ohne Stocken zum Vortrag gebracht wurden( und dass) die Untermalung von “Gygeli, Gygeli Brotisbei” mit Chilbimusik den Eindruck erweckte, als mache man sich über den Dichter lustig” (Dr. Alfred Wyser, im Kantonsrat am 19.2. 1976).

Förderorientiertes statt fehlerorientiertes Lehren und Lernen

Was man nicht gern hat, kommt einem schwierig vor. Positive Vorstellungen des Fremden gehören zu den Grundvoraussetzungen für wirksames Lernen anderer Sprachen. Das schulische Lernen, das eigentlich in angstfreien Lehr- und Lernräumen erfolgen sollte, ist allerdings nach wie vor geprägt von der Nullfehler-Ideologie, wonach eine Sprache lernen, möglichst wenig Fehler machen heisst…

Das Gegenteil ist richtig: Wer keine Fehler macht, wer nichts wagt und nichts Neues ausprobiert, kommt auch sprachlich nicht weiter. Wir müssen aufhören, den Fehler zu verteufeln und als Sünde zu bestrafen. Normverstösse sind Annäherungsversuche an die Norm, diese Versuche der Annäherung gilt es zu pflegen, was zugegebenerweise pädagogisch anstrengender ist als die gutgemeinten Rotstiftbemerkungen, bei denen die Lehrenden ganze Sonntage verschwenden und die Lernenden kaum etwas lernen. Nicht die Abkürzungen führen direkt zum Ziel, sondern sehr häufig die Umwege eigenen Erfahrens. So konnten wir in einem Lernjournal einer Studentin im vergangenen Sommer lesen, dass sie in einem Restaurant ein “vol-au-vent” (ein Pastetli) bestellte in der festen Meinung , sie hätte Pouletflügeli bestellt… Oder wenn der Kosovo- Knabe unbedingt ein Wort für “Mädchen” braucht, weil er etwas loswerden muss, das Wort aber noch nicht kennt und dann in seiner Verzweiflung ruft: “Du bist eine blöde Knabine!”, so ist das kein Fehler, sondern eine intelligente Annäherung an die Norm. Und es ist besser, trotz Normverstössen zu sprechen als fehlerfrei zu schweigen.

Funktionalität statt Perfektion

Wer eine Sprache lernt, muss nicht die ganze Sprache lernen, sondern vorerst das, was man braucht, um in wichtigen Situationen funktionieren zu können. Insofern ist ein mehrsprachiger Mensch nicht einer, der zwei oder mehrere Sprachen perfekt “beherrscht” – von solchen elitären Positionen ist man heute doch ziemlich abgerückt -, sondern jemand, der im täglichen Leben, in seinem Umfeld in verschiedenen Sprachen seine Anliegen verwirklichen kann.

Und à propos “beherrschen”: eine Sprache beherrschen / maîtriser une langue: Jede Sprache, sei sie weitverbreitet, sei sie minoritär, jede Sprache ist grösser als wir. Wir haben in der Sprache wunderbar Platz. Wir stehen nicht über der Sprache, wie die Metapher es suggeriert, wir sind in ihr.

Wir können eine Sprache nicht beherrschen, wir können sie bewohnen. Und so können wir auch sagen: Hereinspaziert in die Sprachen, bewohnt sie, so gut es geht, versucht mit ihnen etwas anzufangen und tragt Sorge zu ihnen, indem ihr sie braucht (Peter Bichsel). Gebrauchte Sprachen gehen nicht zugrunde, selbst wenn sie malträtiert werden. Ungebrauchte Sprachen hingegen verschwinden, in den letzten zweitausend Jahren waren es etwa 6000 von 10’000, und mit ihnen verschwindet immer auch die Kultur, die sie hervorgebracht hat.

Mehrsprachigkeit soll ein europäisches Ziel bleiben oder werden, das Frieden erhalten oder stiften kann. Mehrsprachigkeit als Ziel für unsere Jugend, für unser Land, für Europa ist gesetzt und in der Theorie akzeptiert, bald einmal auch in der Praxis.

Aber ich möchte zum Schluss doch auch darauf hinweisen, dass es so etwas gibt wie Mehrsprachigkeitsresistenz. Es ist möglich, dass Menschen die Eingänge in die verschiedenen Sprachenlandschaften oder -häuser , aus welchem Grund auch immer, nur mit Mühe oder gar nicht finden. Diese Landschaften so zu gestalten, dass sie begehbar und bewohnbar werden, dass sie einladen und nicht ausgrenzen, bleibt Aufgabe reformbewusster Pädagogik; denken wir z.B. an die PISA-Studie und an die dort festgestellten Mängel (ungenügenden Textverständnisses), so dürfen die Stichworte für einzuleitende Massnahmen nicht “befehlen” und “verordnen” heissen, sondern eher “anregen, vorlesen, erzählen” . Mit “piesacken” werden wir Pisa nicht aus der Welt schaffen. Dazu aber braucht es Zeit: “In der Pädagogik geht es nicht darum, Zeit zu gewinnnen, sondern zu verlieren”, hat Rousseau im “Emile” provokativ festgehalten. Daran wäre weiterzuarbeiten.

Glocke: “Im übrigen ist für uns ein Lehrer nicht abgewertet, wenn er einmal ins Schussfeld der öffentlichen Kritik gerät (…)” (Dr. Alfred Wyser in einem Brief an die Theatergruppe Seminar, 19. März 1976).

Die glockenbegleiteten Zitate stammen aus der Zeit der Reinhartaffäre (1975 – 1976), die sich durch Einblasen von weit rechts aus der sogenannten Reinhartveranstaltung ergeben hatte und ein halbes Jahr lang recht viele Leute beschäftigte. Es handelte sich um die Zeit, in der das Seminar “Leninar” hiess, die Zeit der Viererbande (Portmann, Heinz, Schild, Racine), deren” revolutionäre” Mission darin bestand, im reformbedürftigen Seminar Begriffe wie Medienunter- richt, Gruppenarbeit, Projektunterricht, gegenseitige Unterrichtsbesuche, Teamarbeit, selbstständiges Arbeiten, SchülerInnenautonomie usw. salonfähig zu machen.

Es war eine spannende, wenngleich aufreibende Zeit. Schliesslich wies der Erziehungsdirektor den Hauptverursacher der Verunglimpfungen und Überinterpretationen, einen rabiaten strammen Jung- oder Kampagnenjournalisten, in die Schranken und bewahrte die “Viererbande” vor dem Schafott.

Im übrigen hat der gesprächige Erziehungsdirektor bis zu seinem Aufstieg in die Gesamtverteidigung mit uns nach wie vor munter debattiert.

Zum Glück haben sich die Wünsche der dialogfernen Unerbittlichen nicht erfüllt:

Wären nämlich die Köpfe damals gerollt, ich stünde heute nicht hier, und das wäre mir doch ein bisschen leid.

(Eventuell PS:
Est-ce qu’il y a des Romands dans la salle?

(erwartetes Echo: Ouiii)

Excusez-moi d’ avoir parlé intégralement en allemand – mais je sais que vous êtes fonctionnellement bilingues et vous savez que vous êtes dans un canton germanophone où l’on aime les Romand-e-s. Mais je pourrais consoler ceux qui n’aurait pas tout compris, avec l’ anécdote dont on se régale à Bienne lorsqu’on parle de tolérance:

Il y avait à l’ ancien Tech ( aujourd’hui HES) un professeur qui oubliait, lorsqu’il se laissait emporter par la matière, de parler dans les deux langues comme le règlement le demande depuis plus de cent ans. De temps en temps il découvrait néanmoins un étudiant qui pouvait ressembler à un Romand et, en se souvenant de son devoir d’ enseigner dans les deux langues, il disait: “Et pour les Romands, c’est la même chose qu’en allemand, seulement en français…”)

Jean Racine, Mühledorf, 9. November 2003

Jos Murer, ein Zürcher Dramatiker aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. – Zürich Berichtshaus (1973) (Dissertation Bern).

Theater in der Schule. Ueberlegungen zur Funktion des Schulspiels. – In Médiations ou le métier de germaniste (Hommage à Pierre Bertaux) Paris 1977.

Lehrer lernen spielen. – In: Schultheater 3. Zytglogge Verlag. Bern 1979.

Spielformen im Fremdsprachenunterricht. – In: Didaktik und Methodik des Französischunterrichts vom 4./5. Schuljahr an. Genf 1980. (Mitarbeit am Text des Teils II “Der Französischunterricht vom 4./5. Schuljahr an”.)

Rahmenlehrpläne für die Grundausbildung der Lehrkräfte für den Französischunterricht während der obligatorischen Schulzeit. (Präsident der Redaktionsgruppe). Genf 1982. (Textvorschlag und Schlussredaktion)

Theater “Wenn die Chräye chönnte mäye”, Dokumentation über ein Freilichtspiel (…) der Sine Nomine. – Halten 1982. (Textheft)

Allgemeine Einführung des Französischunterrichts in der Primarschule. – Solothurn 1983. (Textvorschlag und Schlussredaktion)

Funkkolleg Französisch. Französischkurs im Medienverbund (Radiosendungen, Begleitmaterial, Begleitzirkel). – Luzern / Rorschach 1983. (Mitautor. Eigenständige Gestaltung der Elemente 3, 13 – 19, 28, 30 und Begleitzirkelvorschläge)

Apprendre à se comprendre. In: Flugbild Solothurn 1986.

Lehrplan Sprache. – Solothurn 1986.

Ueberlegungen zum Fremdsprachunterricht. In: SIPRI Werkstattbericht 5. – Bern.

Et vogue le navire (Französischlehrwerk für Erwachsene ). – Zürich 1989 (zusammen mit Catherine Loriot)

Racine, Jean (1993). Der Fremdsprachenunterricht in der Schweiz.
In: “Fremde Sprachen in Europa: Schlüssel zur Kommunikation und Zusammenarbeit”.
Referate, Arbeitspapiere und Ergebnisse aus den Lehrgängen 91/09/001 und 92/19/001.
Hessisches Institut für Lehrerfortbildung (S. 160-170).

Romanische Sprachwerkstatt. In: Babylonia 2/1994 (gemeinsam mit Christine Le Pape)

Der Französischunterricht in der Schweiz. – In: Fremde Sprachen in Europa.

Schlüssel zur Kommunikation und Zusammenarbeit. – Kassel (Hessisches Institut für Lehrerfortbildung) 1991 – 1993. Förderung des zweisprachigen Unterrichts. – In: Schulpraxis 3 / 1995.

Lernkontrollen zu Bonne Chance I (Mitautor). – ILZ, Staatlicher Lehrmittelverlag Bern 1995.

Mise en oeuvre d’une réforme en Suisse. – In: Revue internationale d’éducation (Dossier des langues vivantes à l’école), CIEP Sèvres no 9, 1996.

Romanischversuch St. Moritz, 1990 – 1996. Schlussbericht z.H. des Regierungsrats des Kantons Graubünden.

Mehrsprachiger Unterricht in der Schweiz (Sprache brauchen – Sprache lernen). – In: Punts – Ponti – Ponts – Brücken. Dokumente des Forums Helveticum der Tagung vom 27. und 28. Juni 1996 in Freiburg.

Sprachaustausch. Ein Anliegen der Nordwestschweiz. – In: Babylonia 3 (1997), S. 31 – 34).

Les Welches. – In: Tolérance. Un petit ABC. Begleitpublikation zur Ausstellung „Toleranz ’98 – Spiel mit Grenzen.“ Aarau (1998).

Mehrsprachiger Unterricht an der Sekundarstufe 1: Immersion. Akten der Informations- und Arbeitstagung der Arbeitsgruppe Fremdsprachen der NW EDK vom 8. Und 9. September 1998 in Biel-Bienne. (Hrsg.).

Enseignement bilingue / Zweisprachiger Unterricht. Unterrichtsmitschnitte Berner Fachhochschule Technik und Architektur Biel. Canal 1, Atelier video.

Forum du bilinguisme – für die Zweisprachigkeit. In: Bieler Jahrbuch 1997.

Intervalles: bilinguisme. Revue culturelle du Jura bernois et de Bienne, 51(1998). (Hrsg.)

Spécial économie/Wirtschaft. In: Les cahiers du bilinguisme 1(1998). (Hrsg.).

Baromètre du bilinguisme/ Bilinguismus-Barometer. In: Les cahiers du bilinguisme 2(1999) (Hrsg.).

Vom Sprachenlernen in der Schweiz.- In: DaF Arbeitskreis in der Schweiz, Rundbrief 39 (1999), S. 9- 19.

Leben am Oberrhein: 3 Länder, 2 Sprachen 1 Lehrwerk für ein Europa ohne Grenzen / Vivre dans le Rhin supérieur: 3 pays, 2 langues 1 Manuel pour une Europe sans frontières. Deutsch-Französisch-Schweizerische Oberrheinkonferenz / Conférence franco-germano-suisse du Rhin supérieur (1999). (Redaktionskomitee / Equipe de rédaction)

Le plurilinguisme, votre enfant et vous. Brochure d’information éditée par FAPERT/APEPS (Coauteur)(2000).

Naturgefahren und Schutzwald. Dangers naturels et forêt de protection. Pericolosi naturali e bosco di protezione. Berner Lehrmittel- und Medienverlag Bern (2000). (Sprachliche Bearbeitung für mehrsprachigen Unterricht)

„Passeri passera oder Friedliche Zweisprachigkeit wird nicht geschenkt.“ Radio DRS: Doppelpunkt vom 24.9.2000.

Über die Bedeutung der Zweisprachigkeit im Amtsbezirk Biel. – Forum für die Zweisprachigkeit (2001).

18 biographies langagières / Sprachbiographien. Video 1h18min. 15 sec. Forum du bilinguisme/Forum für die Zweisprachigkeit Biel – Bienne. (2001)

Bilinguisme+. Label für die Zweisprachigkeit / Label du bilinguisme. – Verein bilinguisme+ / Association bilinguisme + (2002).

Le défi de la diversité linguistique en Europe. Année européenne des langues: Projekte Biel / Projets biennois – Sprachen, los! Déliez les langues! – In Annales biennoises 2001. (2002).

Frühfranzösisch – früher Englisch. – In: Schulblatt Aargau und Solothurn 25, 26 (2001), 1 (2002).

Die französischsprachige Minorität im Kanton Bern. In: Escher, Markus (Redaktor): Die multikulturelle Schweiz. Neue Helvetische Gesellschaft (Hrsg.) (2003)

Racine, Jean (2003). Über die Bedeutung der Zweisprachigkeit im Amtsbezirk Biel (S. 74-90) In: Pädagogische Fakultät, Institut für Germanistik Maribor und Ljublijana; Kopecky, Karmen Terzan, Petric Teodor (Red.) (2003). Germanistik im Kontaktraum Europa II, Internationales Symposion 18.-20. April 2002. 479 S.